Katrin Brause a.k.a. Heichel: Grund  
19. September—24. Oktober 2020   

Periphere Orte und prekäre, temporäre Behausungen, Brüchiges, Gegenstände wie aus einer vergangenen Zeit gezeichnet von Alter und Abnutzung - wieder ist es die marginale Ikonographie der Straße [Susanne Altmann, 2012], die Katrin Brause zum Motiv ihrer Malerei wird. In ihrer Malweise nimmt die Künstlerin die spröde Anmutung der Motive formal und gestalterisch auf, überträgt sie in eine Malerei, die die Materialität des Gezeigten aufruft und auf plastische Art spürbar werden lässt. Der Oberflächenzustand verweist dabei sowohl auf die Physis des Motivs selbst, erweitert diese jedoch um eine kraftvolle, sich behauptende Qualität. Fest und eindringlich scheint das gegenständliche Sujet in dieser körperlichen Form der Malerei auf uns zurückzublicken.

Wir finden uns wieder in den Straßen Catanias [Sizilien], treffen auf Türen und Sperrholz, alte Fassadenstücke, Verweise auf die Bildsprache des Katholizismus, finden Alltagsobjekte des werkenden Gebrauchs oder Artefakte des Glaubens als Stillleben an Hauswänden. Die sizilianische Stadt als Sehnsuchtsort des mediterranen Südens präsentiert sich hier nicht über prachtvolle Palazzi und lichtdurchflutete Meeresansichten mit Fluchtpunkten in Azur, sondern über eine abseitige Alltäglichkeit, eine Lebensumgebung, die keinen Platz in den Vorstellungen einer Reise in ein sonniges und perlendes Dolce-Vita-Italien hat, und umso mehr von authentischem Leben erzählt.

Über eine unverwechselbare Formsprache verleiht die Künstlerin ihren Bildinhalten einen sich behauptenden bildhaften Ausdruck. Unübersehbar und intensiv fordern die marginalen Orte in ihren Bildern, gleichsam Nicht-Orte unserer Zeit, eine Begegnung ein. Ob über steile Formate, starke kompositorische Präsenz oder dramatische Lichtführung, als BetrachterIn kann man sich dieser Begegnung nicht entziehen. Das Bannhafte dieser bildhaften Inszenierungen lässt eintauchen und nachdenken über diese Stillleben und deren Geschichten. Gleichsam der dringlichen neorealistischen Ästhetik, wie wir sie aus dem italienischen Kino Roberto Rossellinis kennen, erzählt Katrin Brause mit ihren Stillleben betont von anderen Biografien, anderen Identitäten und einer tieferen Beziehung zu Orten, die über den begeistert flüchtigen Katalogseindruck hinausgeht.

Katrin Brause kommt es in ihrer künstlerischen Arbeit auf mehr an, als einen virtuellen Sehraum, eine räumliche Illusion handwerklich und formal meisterlich darzustellen. Vielmehr wird die Materialität des Werks, die gestischen Spuren des Arbeitsprozesses, die ganze Beschaffenheit Teil eines spannungsvollen Verweises auf die Ambiguität des Bildes zwischen Stofflichkeit und Immaterialität [der Illusion]. Über diese Vielschichtigkeit aus Form und Inhalt schafft die Künstlerin Szenen, in denen die brüchig erscheinenden Requisiten sowie die Mehrdeutigkeit ihrer Inszenierungen auf größere Themen wie Peripherie und Zentrum einer raumbezogenen Gegenwart verweisen – ohne den BetrachterInnen die Möglichkeit für ganz eigene narrative Ansätze zu nehmen.


Katrin Brause aka Heichel [geboren 1972 in Leipzig] lebt und arbeitet in Leipzig | 2000-2005 Studium der Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Fachklasse Arno Rink | 2005-2008 Meisterschülerin bei Neo Rauch | 2011 Stipendiatin des International Studio & Curatorial Program in New York | 2013 Studienaufenthalt in Catania, Sizilien | 2014 Aufenthaltsstipendium des Beijing XZCH Cultural Development Co. Ltd, China | Die Arbeiten der Künstlerin fanden in zahlreichen Ausstellungen viel Beachtung im In- und Ausland, zuletzt im Museum Franz Gertsch, Schweiz, in einer Gruppenausstellung zu Malerei aus Leipzig 2019.
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